Arcana

Raspail

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Kalinkaland 2008, CD 10 Tracks

Chandeen

Teenage Poetry

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Kalinkaland 2008, CD

Gothic war einmal - und wir sprechen von den 1990er Jahren - synonym für eine intensive Auseinandersetzung mit dem melancholischen, mystischen und apokalyptischen Bereichen der europäischen Kultur, der Menschheit überhaupt. In den letzten 10 Jahren hat sich daran einiges geändert. Wer bereits damals das erste Aufkeimen von Dark Techno beargwöhnte, wird heute erstaunt sein, wie wenig von gepflegter Finsternis noch geblieben ist auf den großen Gothic-Parties. Statt geheimnisvoller Melodien, finster-grollendem Gesang, ätheterischer-sakraler Frauenstimmen und untergründiger Atmosphären dominiert heute das "elektronische Bierzelt" (Klaus Theweleit in :Ikonen:).

Um diesen Einstieg nicht zu einem nostalgischen Gejammer verkommen zu lassen, sei gleich gesagt: Es gibt ihn noch, den 'klassischen Gothic'. Und Arcana sind heute sein vollkommenstes und faszinierendstes Gesicht. Bekannt wurde die schweische Band als Musik, die jene shwerzliche Lücke, die Dead Can Dance mit ihrer Auflösung hinterlassen hatten. Dabei zeichnet die Musik von Arcana gerade nicht jene Gradlinigkeit aus, die man vom Gothic-Rock kennt, sondern einer stilistische Vielfalt, die wenige Bands heute zustande bringen. Jedes Stück ihrer aktuellen CD "Raspail", die nach Cold Meat Industry und Cyclic Law nun erstmals auf dem deutschen Label Kalinkaland erscheint, entfaltet eine eigene Qualität.

Arcana warten mit einer enormen Palette an akustischen und elektronischen Instrumenten auf, setzen dumpfe Drums, Akustikgitarre, Djembe, sowie die bekannte sonore Männerstimme als Kontrapunkt zum sakralen Frauengesang ein. Während die ersten 4 Stücke noch die gewohnte Mischung bieten, wird das Album zusehends differenzierter und minimalistischer. So kommen nach eingängigen Harmonien auch atmosphärische Strukturen zum tragen, um schließlich in rhythmisch-rituelle Teile zu münden, wie man sie von der meisterlichen "Le Serpent rouge"-CD kennt. Großartig: Track 5 "Parisal".

Arcana bleiben phänomenal - eine groß angelegte Gothic-Opera voller Sehnsucht, Leidenschaft und Mythos. Und "Raspail" ist ein würdiger Nachfolger für ihr erfolgreiches Album "Inner Pale Sun".

Chandeen ist ein etwas anderer Fall. Eng verknüpft mit dem Kalinkaland-Label, bestreitet man seit weit über einem Jahrzehnt seine Position im weiten Feld eines Genres, da in den 1990er Jahren einmal Heavenly Voices genannt wurde. Chandeen hat hier einige Klassiker zu verzeichnen, wenn die Richtung auch weniger mystisch und düster ist, als vielmehr konkret melancholisch und sehr persönlich orientiert.

So verweist der Titel des neuen Albums "Teenage Poetry" bereits auf diesen Gestus des eher Gegenwärtigen und Sensitiven. Chandeen bieten den introspektiven Gestus der Liedermacherkunst, gelungen gekoppelt mit soundtrackartigem Ambiente, überraschenden Einfällen und eingängigen Harmonien.

Tatsächlich ist "Teenage Poetry" eine kleine Perle melancholischer Popmusik, hervorragend arrangiert, kristallklar gesungen und für ein großes Publikum zugänglich.

Marcus Stiglegger