BLOODY SUNDAY - BLUTSONNTAG

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OT: BLOODY SUNDAY
Produktionsland & -jahr: GB/Irland 2002
Laufzeit: ca. 110 Min.
Genre: Doku-Drama/Action
FSK: 12
Regie: Paul Greengrass
Drehbuch: Paul Greengrass nach der Buchvorlage von Don Mullan
Kamera: Ivan Strasburg
Schnitt: Clare Douglas
Musik: Dominic Muldowney
Produktionsfirmen: Granada Films, Hell's Kitchen
Produzent: Mark Redhead
Darsteller:
James Nesbitt
Tim Pigott-Smith
Nicholas Farrell
Gerard McSorley
Christopher Villiers
Sprachen: Deutsch / Englisch & Irisch
Untertitel: Deutsch
Audio: DD 5.1
Bildformat: 1:1,85
Ländercode: 2 PAL
Specials: Originaltrailer, Hinter den Kulissen, Interviews, Epix-Trailershow

Der offensiv-reportageartige Stil des britischen Regisseurs Paul Greengrass hat nicht nur Freunde: Was in semidokumentarischen Dramatisierungen wie BLOODY SUNDAY und FLIGHT 93 (2002) noch sehr gut funktioniert, kann sich in den beiden BOURNE-Filmen, die er danach dreht, schnell verselbständigen und einen audiovisuellen Overkill ohne Sinn von Zeit und Ort hervorbringen.

In BLOOD SUNDAY funktionert der aufwühlende Stil von Greengrass, der fast eine Deckung von Erzählzeit und erzählter Zeit anstrebt (in FLIGHT 93 ist das explizit Programm), hervorragende. Nie hat man das Gefühl, eine Rekonstruktion über 30 Jahre danach zu sehen. Vielmehr knüpft er an Peter Watkins' Doku-Fiktionen (CULLODEN, PUNISHMENT PARK) an und vermittelt, das Gefühl, live dabei zu sein bei einem der erschütternsten Massaker der jüngeren europäischen Geschichte:

In Derry/Nordirland 1972 beginnt eine Demonstration für Bürgerrechte ihren Marsch ohne Genehmigung durch die britischen Besatzertruppen. Englische Fallschirmjäger überwachen den friedlichen Zug an diesem 30. Januar, als plötzlich erste Schüsse fallen – der Auftakt zu einem Massaker. Umgehend schießen IRA-Angehörige zurück, verschwinden jedoch wieder. Die Fallschirmjäger zielen daraufhin auf zahlreiche Zivilisten, harmlose Ordner und Jugendliche, die allenfalls mit Steinen auf Panzer werfen können. Doch der Film macht es sich nicht leicht. Er wägt die Perspektiven ab, zeigt die Spirale der Gewalt, die sich lange spannt, um plötzlich auszubrechen. Am Ende steht die Bewaffnung der IRA und der Auftakt zu einem immer blutigeren Bürgerkrieg, der über 3000 Opfer forderte.

Als Blutsonntag erlangte diese Tragödie traurige Berühmtheit und ließ den Nordirland-Konflikt nachhaltig aufflammen. Die irische Kultband U2 schrieb darüber das weltberühmte Lied „Sunday Bloody Sunday“, das im Abspann in einer Liverversion zu höten ist. Ansonsten gibt es keine Filmmusik.

BLOODY SUNDAY ist ein verstörender und wichtiger Film, gerade angesichts der aktuellsten Ereignisse in Nahost (Januar 2009). Es ist erstaunlich, dass der Film erst jetzt und bei einem so kleinen Label wie epiX vorliegt - aber umso erfreulicher, dass die Qualität überzeugt: das Bild ist etwas körnig, aber dynamisch und der Atmosphäre angemessen, die deutsche Synchro kraftvoll und effektvoll gemischt in 5.1. Aber man sollte den Originalton hören, um den irischen Akzent zu erleben. Das Bonusmaterial bietet den Originaltrailer, ein Interview mit dem Regisseur sowie ein rustikales making Of. Interessant wäre noch dokumentarisches Hintergrundmaterial gewesen, aber an der DVD gibt es nichts auszusetzen: Ein klarer Tip für den kritischen und anspruchsvollen Cineasten.

Marcus Stiglegger, Januar 2009