THE BUNKER

Bewertung 4/5

USA/GB 2002
R: Rob Green
Anbieter: Legend Films, D.
Laufzeit: 88 Minuten.
Bild: 1:1,85 anamorph
Ton: deutsch5.1, dts 5.1), englisch (5.1)
Untertitel: deutsch, englisch
Bonus: Audiokommentar (Regie, Kamera, Design), Making of (25 Min.), 2 deleted Scenes, 2 Kurzfilme THE TRICK und THE BLACK CAT, Storyboards THE BLACK CAT (DVD-ROM), Kinotrailer

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1983 drehte der heute längst etablierte Ästhet Michael Mann den Horrorfilm THE KEEP / DIE UNHEIMLICHE MACHT, der die Probleme von Wehrmacht und SS-Truppen mit übernatürlichen Mächten in einem abgelegenen Karpartendorf schildert. Die zutiefst moralische Fabel zielte darauf ab, die Nazis als noch destruktiver und bedrohlicher als das mythische Böse selbst zu inszenieren. Doch diese Irrealisierung und Mythisierung von Kriegsverbrechen und Völkermord musste auf Unverständnis und Kritik stoßen - zu einfach schien hier die Gleichsetzung von Fantasy-Elementen und realem Kriegsgreuel...

Zwanzig Jahre später wagt erneut ein - diesmal englisch produzierter - Film die Mixtur aus Kriegsfilm und Psychohorror: Der BUNKER steht 1944 an der deutsch-belgischen Grenze, errichtet auf dem Massengrab massakrierter Pestkranker... Eine versprengte Einheit von Wehrmachtssoldaten rettet sich in das Betonverlies, das nur von zwei Reservisten, einem Teenager und einem Veteranen, gehalten wird. Bald branden Aggressionen auf in der hermetischen Einsamkeit des Bunkers. Trotz der beunruhigenden Geistergeschichten des alten Mannes versucht ein Soldat durch die verzweigten Tunnelschächte unter dem Bunker zu desertieren. Als er verfolgt wird, bricht die Hölle los: Die Soldaten beginnen, in blinder Angst sich gegenseitig zu misstrauen und zu töten. Halluzinationen trüben die Wahrnehmung, der Druck, auf verlorenem Posten zu verkümmern, lastet zusätzlich auf der Psyche. Am Ende steht nur noch einer der Männer den vorrückenden Amerikanern mit wehender weißer Fahne gegenüber.

Was zunächst einmal äußerst positiv auffällt, ist die Bemühung des Films, alle vermeintlich übernatürlichen Elemente der subjektiven Wahrnehmung der Protagonisten zuzuschreiben. Es ist also der Horror von innen, der hier eine Rolle spielt. Das Massengrab der Pesttoten dient allenfalls als Auslöser der Erinnerung die traumatische Erschießung von Deserteuren, in die alle Männer verwickelt waren... Anders als in THE KEEP kristallisiert sich also tatsächlich eine zermürbende Fabel auf die destruktiven Auswirkungen des Krieges auf die austragenden Individuen heraus. Doch dass dieser Stoff überall, zu jeder Zeit spielen könne, das WK2-Setting also eher willkürlich sei, wie im Making-Of behauptet wird, ist sicher nicht richtig: Die notwendige 'Fallhöhe' der traumatisierten Soldaten hier wird gerade durch den Ballast deutscher Nazigeschichte beschworen, ist gar der Subtext des Films. Allenfalls im Kosovo wäre ein solches Szenario noch denkbar... Dieser ideologische Hintergrund, der vor allem in der psychpathischsten Figur deutlich wird, ist also notwendig für das angestrebte Modell.

Dabei verfolgt die äußerst versierte Low-Budget-Inszenierung einen änhlichen Hyperrealismus in der Wehrmachtsdarstellung wie einst STEINER - DAS EISERNE KREUZ (1977) von Sam Peckinpah, ohne es jedoch mit den historischen Details allzu genau zu nehmen: Hier werden Uniformen der Wehrmacht mit Teilen der Waffen-SS-Ausrüstung gemischt (Totenkopfembleme, Eichenlaubtarnhemden, Ärmelbänder), und auch im Dialog wird nie ganz klar, welcher Einheit diese Leute zuzuordnen sind. Erst in der finalen Exekutionssequenz sind auch explizite Waffen-SS-Leute zu sehen. Solche Mixturen erweisen sich vor allem dann als problematisch, wenn man das eigenartige Verhältnis zwischen Wehrmacht und Waffen-SS kennt und der Film bewusst damit umgeht. Strenggenommen müsste man dem Film hier fahrlässige Enthistorisierung vorwerfen und zu dem Schluss kommen, er hätte seine Handlung wohl doch besser in einem neutraleren Umfeld angesiedelt.

Auf der Ebene des Thrillers jedoch funktioniert der Film vorzüglich, vor allem in der zweiten Hälfte, was dem elaborierten Ton zu verdanken ist. Obwohl man es hier ja mit deutschen Soldaten zu tun hat, ist die Originaltonspur empfehlenswerter, da die Stimmen viel rauher sind und deren heiserer Klang sich eher der muffigen Umgebung zuordnen lässt. Making-Of und Kommentar sind hilfreich und recht informativ, wenn schon nicht beeindruckend. Interessanter sind die beiden Kurzfilme von Rob Green, der an Jeunet & Caro erinnernde schwarzhumorige THE TRICK und die theatralische aber sehr aufwändig inszenierte Poe-Adaption THE BLACK CAT. Nach drei völlig unterschiedlichen Eindrücken lässt sich kaum vorhersagen, was Green in Zukunft leisten könnte. Sein Interesse am Genrekino ist jedoch unbestreitbar.

Der im Oktober als Kauf-DVD erscheinende Film THE BUNKER ist ungeachtet seiner kleinen Unebenheiten all jenen zu empfehlen, die hervorragend inszeniertes, originelles Genrekino suchen und zugleich vor einer Auseinandersetzung mit ethisch-moralischen Problemstellungen nicht zurückschrecken.

Marcus Stiglegger

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