Contrastate

A live coal under the ashes

(Tesco 2008) CD 6 Tracks

Wer Contrastate nicht kennt, könnte vom Namen her auf eine kulturterroristisch motivierte Power Electronics-Band schließen, wie man sie auch auf dem Tesco-Label findet, doch weit gefehlt: Das Soundart-Projekt um Stephen Meixner und Jonathan Grieve, die heute eigene Wege gehen, hatte sich in den 1990er Jahren mit einer einzigartigen Klangwelt etabliert, die zwar den Geist des Postindustrial atment, doch tatsächlich eher von den Experimenten des Krautrocks der 1970er Jahre beeinflusst scheint (einer der direkten Bezüge ist etwa Popol Vuh). Und so mag sich auch erklären, warum man hier von tiefschürfenden Drones über Fieldrecordings und Klassiksamples bis hin zum apokalyptischen Folk alles findet, was der surrealen Weltsicht dient.

"A live coal under the ashes" ist zugleich eine der ungewöhnlichsten Veröffentlichungen einer ungewöhnlichen Formation: 1992 erschien die CD eingebettet in eine Vinylscheibe mit Live-Aufnahmen - man konnte die Platte also nur abspielen, wenn die CD eingeklebt war, und selbst dann musste man geschickt sein... Die lange überfällige Wiederveröffentlichung dieser durchweg spannenden und gelungenen Collage auf CD wartet nun nicht mit dem Livematerial auf, doch einen exklusiven Bonustrack von 1992 steuerte man noch bei.

Weniger experimentierfreudig als bei späteren Produktionen, dafür aber konsequent düster und apokalyptisch entfalten sich die langen Stücke mit surrealistischen Anspielungen im Titel ("The fingers of my foot" etc.). Faszinierend ist das einfach arrangierte, aber dichte Lied "Breaking the Strawmen", das sich an dem berühmten Gedicht "Hollow Men" von T.S. Eliot orientiert.

Insgesamt ist "A live coal" eine der großen und gelungenen Klangkunstplatten der 1990er Jahre und unbedingt eine (Wieder)Entdeckung wert!

Marcus Stiglegger