Schickedanz, Hans-Jochachim

Ästhetisch Rebellion und rebellische Ästheten
Eine kulturgeschichtliche Studie über den europäischen Dandyismus.

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(Peter Lang Verlagsgruppe)

Was also ist der Dandy? Seit seinem ersten Auftreten auf dem Parkett der Öffentlichkeit in Form von George „Beau“ Brummell Anfang des 19 Jahrhunderts und seiner anschließenden Karriere als Repräsentant des Fin-de-siècle-Geistes wurde immer wieder versucht das Dandy-Motiv greifbar zu machen. Dabei ist die wohl wichtigste Quelle, selbst heute noch, Barbey d’Aurevillys Text „Du Dandysme et de G. Brummell“, in welchem der französische Decadent die Grundzüge von Brummells Wesen und damit des Dandys an sich erklärt. In der Folge waren es besonders Baudelaire, Oscar Wilde und Huysmans, die dem Dandy eine literarische Heimat gaben, nicht ohne jedoch sich mit dem aristokratischen Titel selbst zu versehen – wer über Dandys schreibt will sich damit selbst in den Status eines Dandys heben. Genau dies wird in der Schickedanz-Abhandlung „Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten“ deutlich. Zunächst begibt sich Schickedanz jedoch auf Spurensuche und versucht eine Allgemeindefinition des Dandys. Was macht den Dandy aus, was sind seine wesentlichen Merkmale. Er greift dabei auf die meist bekannten Muster aus den wichtigen Werken von Otto Mann (Der Dandy) und Hiltrud Gnüg (Kult der Kälte) zurück, schafft jedoch einen eigenen Blickwinkel auf das Phänomen, in dem er vor allem den anti-bourgeoisen Charakter des Dandys betont. In der Folge ist jedes Kapitel einem Autor gewidmet, dabei verlässt er sich weitestgehend auf den bestehenden Konsens: Brummell, Balzac, Wilde, Huysmans, etc. Hier sind keine Überraschungen zu erwarten. Dafür verstrickt Schickedanz jedoch geschickt literarisches Werk und Autobiographie der Autoren, zeigt die Kongruenz zwischen dichterischem Wollen und selbstdarstellerischen Ambitionen. Schickedanz untermauert den Status Quo der Dandy-Forschung, zeigt jedoch zu wenige neue Perspektiven auf. Über den Status eines Oscar Wilde als Dandys lässt sich zumeist nicht mehr viel diskutieren – allerdings wären ein paar neue Ansätze oder gar moderne Autoren in dieser an sich sehr kompakten Sammlung wünschenswert gewesen. So bleibt eine Arbeit, die zwar nicht an die epochale Leistung von Hiltrud Gnüg heranreichen kann, aber für jeden interessierten Leser einen sehr guten Einstieg in die Materie bietet.

Martin Kreischer