Momente des deutschen Films

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Anbieter: Alive / FAZ.
Bonus: Filmgespräche, Booklets, Digipak

Nach zahlreichen Reihen namhafter Magazine und Zeitungen – etwa der bestens etablierten Filmreihe der Süddeutschen Zeitung – hat sich die Frankfurter Allgemeine die Aufgabe gestellt, eine ganz besondere Filmreihe zu präsentieren. „Momente des deutschen Films“ ist der ambitionierte Versuch, nicht nur bedeutende Werke der deutschen Filmgeschichte in technisch versierter Form zu präsentieren, sondern zudem der deutschen Filmkritiker-Zunft ein ansprechendes Forum einzuräumen.

Als Bonusmaterial werden hier fast schon analytische Booklets sowie Interviews mit prominenten Filmkritikern zu dem jeweiligen Werk geboten. Der renommierte Filmhistoriker Hans Helmut Prinzler interviewte die jeweiligen Autoren und bietet einen Einblick in die Gedankenwelt der Filmreflexion – nicht der Filmproduktion. Das Konzept der Reihe schließt so an Traditionen aus dem französischen und englischsprachigen Raum an, wo Filmjournalisten erheblich höheres Ansehen als in Deutschland genießen und immer wieder für Bonusmaterial gewonnen werden, während deutsche DVDs meist auf den Electronic Press Kit bauen und so günstige Eigenwerbung der Produktion vorziehen.

„Momente des deutschen Films“ lädt also ein zu einer intellektuellen Auseinandersetzung mit Werken von den 1920er Jahren bis heute, mit Filmen von Fritz Lang, Robert Siodmak, Alexander Kluge, Roland Klick, Doris Dörrie, Christian Petzold, Dominik Graf u.a. Abgeschlossen wird die erste Staffel mit Prinzlers Fernsehdokumentation AUGE IN AUGE. EINE DEUTSCHE FILMGESCHICHTE, die das Bewusstsein für das deutsche Kino nachdrücklich fördert. Neben Klassikern wie FRAU IM MOND, MENSCHEN AM SONNTAG, UNTER DEN BRÜCKEN, ABSCHIED VON GESTERN oder SOLO SUNNY wurde auch Wert auf Entdeckungen gelegt. So wird hier in Kooperation mit der Filmgalerie 451 Ottmar Domnicks experimentelles Nachkriegsdrama JONAS in digitaler Qualität präsentiert, ein erstaunlicher und avancierter Film, der zeigt, was in den verfemten 1950er auch möglich war. Zudem wird Roland Klicks mitreißendes Milieudrama SUPERMARKT gewürdigt, dessen raue Handkameraästhetik heute zukunftsweisender denn je erscheint. Und beim willkommenen Wiedersehen erweist sich Christian Petzolds DIE INNERE SICHERHEIT nicht nur als differenzierter RAF-Film, sondern auch als überzeugendster Vertreter der sog. Berliner Schule. Die erste Staffel bietet also eine gelungene und interessante sowie vielseitige Auswahl.

Neben JONAS ist zweifellos Dominik Grafs mitreißender Thriller DIE KATZE ein Höhepunkt der Reihe. U.a. auf Bestreben des Regisseurs, der mit der bisherigen gekürzten DVD-Edition äußerst unzufrieden war, wurde DIE KATZE für diese DVD neu digital abgetastet, ist nun unzensiert und zudem im Original-Bildformat (1,85:1) zu sehen. Es ist also endlich möglich, den deutlich vom New Hollywood der 1970er Jahre inspirierten Film angemessen neu zu entdecken und dessen Bezüge zu Sidney Lumets HUNDSTAGE und Coppolas DER DIALOG mit Faszination nachzuerleben. Kein Film danach brachte Grafs Idee, einen harten, lakonischen deutschen Genrefilm so zu inszenieren wie man das sonst nur aus Frankreich (Jacques Deray) oder Italien (Damiano Damiani) kennt, so treffend und effektiv auf den Punkt wie DIE KATZE. Und wer ihn bislang nur von der Fernsehausstrahlung kannte, wird schockiert sein, wie blutig die Schlusssequenz tatsächlich ist.

Insgesamt ist „Momente des deutschen Films“ eine schöne und vielversprechende Edition, die gespannt auf die zweite Staffel macht – nicht jedoch, bevor diese Werke neu erkundet wurden!

Marcus Stiglegger

info@atmedien.de