Deutsch Nepal

Erotikon

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(CMI 2007) CD 10 Tracks

Lina Baby Doll, Mastermind und Kopf des Post-Industrial-Projekts Deutsch Nepal, ist in den letzten Jahren wirklich nicht unproduktiv gewesen. Zahlreiche Live-Performances gehen auf sein Konto, nicht alle gelungen und nüchtern absolviert, aber stets typisch und unterhaltsam. Einige Nebenprojekte erschienen: Janitor, Bocksholm... Von Janitor hat Lina nun den vokallastigen Aspekt übernommen und auf die Tribalstrukturen von Deutsch Nepal gelegt.

So ist "Erotikon" zugleich das lange erwartete neue DN-Album und zugleich ein Fusion der letzten kreativen Jahre: monotone Trancerhyhthmen, faszinierende Sounds, Noiseelemente und ein klagender Männergesang, dessen Duktus sich tatsächlich an der deutschen Sängerin Nico orientiert (ein Bezug, der bereits durch Cover-Versionen deutlich gemacht wurde: "All that is my own"). All diese Elemente bestimmen die beiden ersten racks: "U.R. Blackhouse" und "Heartbomb", wobei vor allem letzterer durch einen hypnotischen, repetitiven Sound auffällt, der auch Coil alle Ehre gemacht hätte. Track 3 "I jast fokos an maiself" fällt dagegen deutlich ab, erschöpft sich in Delayeffekten und einem unspektakulären Loop. "At the Court of Saba" kehrt dan zum rituellen Charakter zurück, wobei ausgibig Gebrauch von einem Drumloop gemacht wird, das m.E. von einer frühen CD der Hybryds stammt ("The ritual should be kept alive, Pt.2"). Dabei bleibt es hier jedoch. Man kann sich gut vorstellen, wie Lina dazu live einen Text improvisiert, hier bleibt es beim Loop.

Ein weiterer Höhepunkt der CD ist "Blowjob Parasite", auf dem Linas klagende, leicht verfremdete Stimme zugleich dem Albumtitel Ehre macht und an den neuen Stil anschließt. "Permobile Erotomatik" fügt dann wieder ein Instrumental an, das diesmal thematisch und klangtechnisch an die französischen Elektrotüftler Die Form anschließt. Unspektakulär. "Rapist Park Junction" erinnert mit seinen gurgelnden Vocals an einige Power Electronics-Acts, bleibt aber ryhthmisch leider recht flach, wobei hier durchaus Dancefloor-Potential gegeben wäre. "Menage a Trois...Gent" bleibt dann im Düsterambienten verhaftet, bis der Titeltrack (9) mit hämmernden Beats das Leben zurückbringt. Auch hier hätte man sich noch Vocals gewünscht, aber gut. "M/S Elusive Pain" liefert dann einen sadomasochistisch gefärbten Text zu eher dezentem Ambiente und modulierten Hochfrequenzen. Ein gelungener Abschluss.

Was von "Erotikon" auch nach mehrmaligem Hören bleibt, ist ein zwiespältiger Eindruck. Man wird das Gefühl nicht los, hier wurden primär Live-Backingtracks zusammengestellt und mal weiterbearbeitet, mal pur gelassen. Als neues Album ist das nicht wirklich viel. Der psychosexuelle Grundton des Titels und Covers wird leider nur in wenigen Stücken umgesetzt. Dennoch ist "Erotikon" eine unterhaltsame und originelle CD geworden, die ihr Publikum in Post-Industrialkreisen finden wird, und sei es als Erinnerung an die zahlreichen Auftritte Deutsch Nepals der letzten Jahre, auf denen diese Rhythmen bereits angklangen...

Christoph D.