The King Khan & BBQ Show

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LP/CD Hazelwood Vinyl Plastics 2005, 12 Tracks (Europa); LP/CD Goner Records 2005, 12 Tracks (USA)

Als sich 1999 trotz zwei durchweg großartiger Alben THE SPACESHITS als das kanadische Äquivalent zu der japanischen Underground-Ikone TEENGENERATE auflösen, trennen sich nach gemeinsamer Jugend in Montreal auch die Wege von Bassgitarrist Arish Khan und Sänger Mark Peppe. Während erstgenannter in Deutschland zu KING KHAN sich wandelt und den historischen Sound von Stax/Volt respektive Motown zu reanimieren versucht, tritt letzterer zunächst als Schlagzeuger und Sänger der wunderbaren Lo-Fi-Sixties-Punks LES SEXAREENOS in Erscheinung, um schließlich als One-Man-Band unter dem Namen BBQ eine Hommage an emblematische Vorbilder wie den Trash-Rockabilly-Maverick HASIL ADKINS oder den Sun-Records-Blues-Pionier JOE HILL LOUIS zu lancieren. Im Projekt THE KING KHAN & BBQ SHOW arbeiten die Jugendfreunde nun erneut zusammen und bewegen sich auf einem musikalischen Terrain annährend komperabel den beiden bisherigen Solo-Alben von BBQ, inklusive Neueinspielung dreier Stücke von der letzten LP “Tie Your Noose“.

Nicht zuletzt aufgrund der ebenso rauen wie dichten Produktion von Crypt Records-Intimus DM BOB vermittelt aber durchgehend sich der Eindruck einer zumindest dreiköpfigen Band, auch wenn alle Songs mit Tamburine/Bassdrum/Snaredrum und zwei Gitarren sowohl rhythmisch als melodisch stark minimalistisch instrumentiert sind. Am Gesang wechseln sich KING KHAN und BBQ zu etwa gleichen Teilen ab, wobei ersterer einmal mehr wie der junge WILSON PICKETT und letztgenannter einmal mehr wie der junge SAM COOKE klingt. Neben diesen evidenten Soul-Determinanten findet ein Kaleidoskop an Referenzen sich wieder, welches in seiner Disparität jeglichen totalitären Retrokult desavouiert: Doo-Wop geprägter Rhythm & Blues mischt sich mit manischem Swamp-Rockabilly, auf rotzigen Punk-Rock folgt larmoyanter Garage-Pop. THE CADETS und THE COASTERS, THE CRAMPS und TAV FALCO’S PANTHER BURNS, DMZ und THE PAGANS, THE RAMONES und THE REAL KIDS sind stets präsent, wenn KING KHAN und BBQ bei Songs wie “Love You So”, “Take Me Back“, “Got It Made” oder „Shake Real Low“ eine ekstatische Intensität sinnlicher Entäußerung erreichen.

Konsekutiv manifestiert eine symbolische Expression von Freiheit sich, welche die Utopie eines entgrenzten Subjekts artikuliert und dabei auf eine Transgression des repressiv Bestehenden verweist. Abseits aller prätentiöser Pseudointellektualität hinterlässt THE KING KHAN & BBQ SHOW in ihrem dionysischem Eros eine Ahnung davon, was der späte Herbert Marcuse einst wohl im Sinn gehabt haben mag, als er in der Ästhetik des Rock’n’Roll die Realisierung einer befreiten Gesellschaft bereits präfigurativ vorweg genommen sah. „You got to shake real low/And put your ass to the floor/You need to hold my hand now baby/You got to shake it some more! “

Ivo Ritzer