:Ikonen: präsentiert LÄRM & WUT Ein Film von Jean-Claude Brisseau Das Label Bildstoerung setzt nach wohlverdienter Kreativpause seine überragende DVD-Reihe mit vergessenen Perlen der Filmgeschichte fort und entdeckt eine modernen Klassiker des französischen Kinos neu: LÄRM UND WUT lief 1987 unter harscher Kritik aber mit großem Erfolg in Frankreich. Er zählt zu den großen Festivalskandalen und wirkt noch heute ungewöhnlich harsch und provokativ. Der vierzehnjährige Bruno kommt gerade in sein neues Zuhause bei seiner alleinstehenden Mutter: eine karge Wohnung im 15. Stock eines Betonblocks im Pariser Vorort Seine-Saint-Denis. Seine Mutter, die rund um die Uhr arbeitet, sieht er nur in Form kleiner Notizzettel. Im zehnten Stock begegnet er dem jungen Jean-Roger, der gerade die Fußmatte seines Nachbarn anzündet. Am nächsten Tag trifft er ihn wieder: in derselben Schulklasse. Die beiden freunden sich an und Jean-Roger macht Bruno mit seinem gewalttätigen Vater (Bruno Cremer) und seiner ebenso verrohten Jugendgang bekannt. Schneller Sex, Waffen und zynsische Streiche sind dort an der Tagesordnung. Jean-Claude Brisseaus Coming of Age-Drama entfaltet eine noch heute eindrucksvolle Wucht, und das nicht einfach über einen sozialen Abbildrealismus, sondern in Form dichter Metaphern und surrealer Elemente. Viele Elemente sind geradezu schmerzlich und hoffnungslos finster - bis zum schonungslosen Ende. Bildstoerung bieten diesen Film in gestochen scharfem Originalbildformat 4:3, was etwas gewöhnungsbedürftig für 16:9-Zuschauer ist. Dazu kommen ausgiebige Kommentare zu den Dreharbeiten von Brisseau, der die Schlüsselstellen an seinem Viderekorder verdeutlicht. Video-8-Aufnahmen dokumentieren die Dreharbeiten und geben einen erfreulichen Einblick in Brisseaus Regiemethode im Umgang mit den jungen Darstellern. Auch das umfangreiche Booklet darf nicht fehlen, das neben dem Beitrag eines :Ikonen:-Mitarbeiters auch die Cannes-Kontroverse dokumentiert - da hatte Kollege Barbet Schroeder einst Partei für den Film ergriffen. LÄRM UND WUT - für Sammler des europäischen Autorenfilms ebenso wie für Fans des radikalen Kinos eine großartige Wiederentdeckung. Marcus Stiglegger |
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