Legion

Zodiac (Auf Abwegen 2002) CD 5 Tracks, 53 Minuten

„Mein Name ist Legion, denn unserer sind viele in diesem Leib.“ Bereits das Bibelzitat, dem der Brite Andrew Lagowski seinen Projektnamen Legion entlieh, verweist auf Wahnsinn und Besessenheit. Und das sollten bis heute, zur vierten CD-Veröffentlichung, auch die Themen seiner komplexen synthetischen Klangkunst bleiben: die Beschäftigung mit dem wahnsinnigen und destruktiven Geist, der Psyche von Massenmördern, deren Gehirnströme er bereits auf seiner zweiten CD als Basis seiner Klänge benutzte. Lagowski arbeitet seit Beginn der achtziger Jahre mit elektronischen Klängen, kooperierte mit Brian Williams bei Lustmord und Terror Against Terror und ließ sich nie drängen, was seine Tonträgerproduktion betraf.

Die vorliegende CD widmet sich dem Zodiac-Killer, der das San Francisco der 60er und 70er Jahre terrorisiert hatte. Lagowski stellte sich die Frage, wie tief der menschliche Geist in das ‚absolut Böse‘ einzudringen vermag und erforschte die mittels beängstigender Klangskulpturen. Seine Atmosphären sind nie organisch oder angenehm, nie verleugnet er die künstlichen Klangquellen. Leben kommt durch die verzerrten, fast tierhaften Schreie, die das an und abschwellende Dröhnen und Rauschen schockartig durchbrechen. Es wäre schön, solche Klänge einmal wieder in der vollen Intensität einer Live-PA zu erleben, doch Legion-Performances sind rar, zumal in Deutschland. Zu Beginn der neunziger Jahre hatte sich Lagowski eine kleine Popularität erspielt, als er beim Nürnberger Annual Report-Festival beeindruckte, und es ist erstaunlich, wie kontinuierlich dieser Künstler sein Werk ergänzt. Zodiac ist eine uneingeschränkt faszinierende, schwer vergessliche CD, an der kein geneigter Hörer atmosphärischer Post-Industrial-Musik vorbeikommen kann.

Marcus Stiglegger