Portrait of a Lady

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Originaltitel: The Portrait of a Lady
Label: Arthaus
Produktionsjahr: 1995-96
Produktionsland: Großbritannien/USA
Kinostart: 09.01.1997
FSK: ab 12 Jahren
Lauflänge: ca. 138 Minuten
Stab
Regie: Jane Campion
Drehbuch: Laura Jones
Kamera: Stuart Dryburgh
Produktion: Monty Montgomery, Steve Golin, Mark Turnbull
Technische Angaben
DVD Bild: 1,78:1 (anamorph)
DVD Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Stereo Dolby Digital)
DVD Untertitel: Deutsch
DVD Extras: Fotogalerie, Biografien Nicole Kidman, Christian Bale und Jane Campion, Presseheft und Werberatschlag als DVD-ROM-Part, Trailer

Jane Campion hat mit DAS PIANO und IN THE CUT zwei bedeutende Beiträge zu einem feministischen und dennoch kommerziell-narrativen Kino geschaffen, die der Australierin einen Sonderstatus in der gegenwärtigen Filmwelt sichern. Wie bereits der frühe Kurzfilm PEEL ist sie an den zwischengeschlechtlichen Machtmechnismen, an Blicken, Körperpolitik und Sprachgewalt interessiert, immer eingedenk der theoretischen Programatik, die die feministische Perspektive kennzeichnet: die Frau und deren Begehren steht im Zentrum ihrer Kunst.

Henry James literarische Vorlage "Portrait of a Lady" bietet einen hervorragenden Stoff, um eine feministische Etüde daraus zu gestalten: 1872 kommt die selbstbewusste, emanzipierte Amerikanerin Isabel Archer (Nicole Kidman) auf den Landsitz ihrer englischen Familie, um in die Gesellschaft eingeführt zu werden. Obwohl zahlreiche angesehene Männer ihres Standes um sie werben, besteht sie auf ihre Unabhängigkeit und weist ihre Verehrer zurück. Die feine Gesellschaft ist empört. Doch dann lässt sich die junge Frau ausgerechnet von dem selbstgefälligen Blender Osmond (John Malkovich) verführen, der in der folgenden Ehe nichts unversucht lässt, ihren Willen zu brechen. Erst nach Jahren erkennt Isabel, dass sie Opfer einer teuflischen Intrige wurde, doch da lässt sich die Entwicklung kaum noch umkehren. Isabel ist zu einem Wesen geworden, das sie zuvor immer abgelehnt hätte.

Wie in ihren anderen Filmen folgt Jane Campion ihren Ambitionen, über Klänge und Bilder von der emotionalen Verfasstheit ihrer Heldin zu berichten. Sie wählt ungewöhnliche Bildausschnitte, Symbole (eine Wespe im Glas etwas als Vorwegnahme ihrer eigenen Situtionen in der späteren Ehe), eine prägnante leimotivische Musik (von Wojciech Kilar) und Anachronismen. So beginnt der Film mit einem irritierenden Prolog in der Gegenwart. Wie in DAS PIANO und IN THE CUT sind die imaginierten Sequenzen mit zahlreichen visuellen Effekten gestaltet. Bei der Besetzung wurde bis in die Nebenrollen präzise ausgewählt: Nicole Kidman, John Malkovich, Barbara Hershey, Martin Donovan, Mary-Louise Parker, Christian Bale, Viggo Mortensen, Shelley Duvall und Shelley Winters bieten eindrucksvolle Leistungen. Erstmal liegt hier die 138-minütige Langfassung des Films in Deutschland vor, die allerdings nicht durchweg von Vorteil scheint, denn im Gegensatz zu DAS PIANO ist PORTRAIT OF A LADY ein äußerst zäher und anstrengender Film, dem es an der Verspieltheit eines ZEIT DER UNSCHULD (von Scorsese) oder an der Stringenz von Campions anderen Werken fehlt. Vielmehr zeichnet sich die Leidenschaftslosigkeit der behandelten Epoche im Stil des Films ab und schafft eine dröge, passive Schwere. Das mag beabsichtigt sein und an Marcel Prousts Salon-Raffinesse erinnern, es fordert aber zugleich einen starken Durchhaltewillen vom Zuschauer.

Die DVD bietet nur Kurzporträrts und zwei Trailer, die jedoch den tenor des Films völlig verfälschen und ein aufwühlendes Melodram erwarten lassen. das ist PORTRAIT OF A LADY nur theoretisch...

Marcus Stiglegger