Raison d'être

Metamorphyses

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(Cold Meat 2006) CD 4 Tracks

BSE

The Dull Routine of Existence

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(Cold Meat 2006) CD 10 Tracks

Skin Area

Journal Noir/Lithium Path

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(Cold Meat 2006) DCD 17 Tracks

Das schwedische Label Cold Meat kann zu den Urgesteinen des Darkambient gezählt werden, einen Stil, den es mit Alben der Bands Raison d'être, Morthound, Atrium Carceri oder Desiderii Marginis wie kaum ein anderes prägte. Eines der beständigsten Phänomene von den frühen 1990er Jahren an ist Peter Anderssons Raison d'être: Urspünglich chorallastiger, sakraler Gothic-Ambient, entwickelte sich der Sound langsam hin zur musique-concrete-orientierten Klangkunst. Seit einigen Jahren erzeugt Andersson seine Musik live auf der Bühne - mit Hilfe gefundener Materialien, Metall und Wasser. Bereits die sehr düstere CD "Requiem for Abanoned Souls" trug diesem neuen Klangbild Rechnung, ist aber als ein Übergang anzusehen - hin zu "Metamophyses". Hier hören wir auf vier sehr ruhigen und dronig-düstern Tracks organische Sphären, Soundtracks für wüstes Land und ewige Finsternis. Die sakrale Stimmung der Frühzeit ist einer spirituellen Finsternis gewichen, die den geneigten Hörer in existenzielle Nacktheit zurückversetzt. Ein intensives, aber durchaus anspruchsvolles Hörerlebnis. Und eine großartige Ergänzung zu Anderssons Audio-Videoprojekt "Natura Fluxus" auf DVD - klanglich wie visuell...

BSE: "Beyond Sensory Experience" suchen ihre Verwirklichung ebenfalls im rituell-ambienten Bereich, wobei sie sich einer ganzen Palette an Drones, Samples und Rhythmen bedienen. Dem Titel gemäß - "Die betäubende Routine der Existenz" - widmet man sich der existenzialistischen Lesart des 'Mythos von Sissyphos' (Camus) - dem Versuch, der Leere des Seins zu entkommen, bzw. sich mit den Tiefen des 'Nichts' auseinanderzusetzen. So rauscht und dröhnt diese mit zahlreichen Nuancen verfeinerte Ambientmusik vorbei, verührt zum Denken, Lesen und Schlafen und macht ihrem Genre alle Ehre. BSE können damit kaum als grandiose Neuentdeckung gewertet werden, erfüllen aber alle Erwartungen. Für die Süchtigen ein Anschaffung wert!

Aus dem Umfeld des Powerelectronic-Projekts IRM stammt eine Hälfte von Skin Area, ein Projekt, das sich weniger dem Linearen als dem Diversen verschrieben hat. Zwei Konzept werden auf ebensovielen CDs entfaltet, bedienen sich dabei jedoch einer so großen Vielfalt an Ausdrucksmitteln, dass dies bei einigen Genrehörern für Verwirrung sorgen könnte. Martin Bladh und Magnus Lindh schließen somit an die frühen tage des Industrial an, als Bands wie Throbbing Gristle, SPK oder Clock DVA noch atonale Elemente mit elekronischen Rhythmen, jazzigen Strukturen und Popmelodien koppelten. Insofern ist bei Skin Area weniger der Sound als die Methode 'old school'. Das ist auf beiden CDs hier interessant und äußerst unterhaltsam, ermüdet jedoch auch schnell, denn die Aufmerksamkeit zahlt sich am Ende nicht durchweg aus: das Diverse mag Methode sein, aber welchem Zweck dient es? Es beschleicht einen das Gefühl, hier habe ein Genremusiker einmal nach dem 'ganz anderen' gestrebt - und das ist nicht durchweg genug. Andererseits ist die Diversität der Klänge und Mittel hier durchaus bewundernswert: das kommt man vom Noise über die rituellen Drumpattern hin zum psychotischen Gesangseinladen (männlich wie weiblich), da zerrt es einmal an den Hörnerven, um im nächsten Moment wohlig beruhigt zu werden... Ein erstaunliches Projekt, das sich explizit an den abenteurlistigen und anspruchsvollen Hörer richtet.

Ivan Kostor