SUNNY

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Regie / Drehbuch: Thorsten Wettcke
Darsteller: Fabian Busch, Sandrine Guiraud, Kathrin Kühnel, Wanja Mues
Kamera: Daniela Knapp
Land / Jahr: Deutschland 2006
Länge: ca. 94 Minuten
Bonus: Audiokommentar mit Thorsten Wettcke, Fabian Busch, Sandrine Guiraud, Wanja Mues, Making Of (27 Min.), entfallene Szenen

Das Leben hat es gut gemeint mit Ulf (Wanja Mues) und Sunny (Sandrine Guiraud). In ihrer hessischen Heimatstadt hat Ulf die Kanzlei seines Vaters und Sunny die Apotheke ihrer Tante übernommen. Der Tod von Sunnys Großeltern war zwar traurig, aber das Erbe, ein großzügig bemessenes Haus samt Swimming Pool, hat das junge Paar nicht ausgeschlagen. Nichts spricht gegen eine Hochzeit. In die laufenden Vorbereitungen platzt Boris (Fabian Busch), der lang vermisste Freund aus Kindertagen und bis heute Sunnys glühender Verehrer.

„Ob ihr´s glaubt oder nicht...“ damit beginnt Boris die Zusammenfassungen der vergangenen zehn Jahre. Der Zuschauer ist geneigt, Boris nicht zu glauben. Zu schnittig ist das Cabrio, das auf dem Kiesweg vor Ulf und Sunnys Behausung hält, zu unwirklich schön ist Rebecca (Kathrin Kühnel), die er als seine langjährige Freundin vorstellt und zu glänzend seine Tätigkeit als Anwalt einer Schauspieleragentur im fernen Los Angeles. Doch Ulf und Sunny wollen ihm glauben, wollen ein Hauch von Glamour spüren, in der mitteldeutschen Kleinstadt. Sie schmücken seine Geschichte selbst noch aus, durch eigene wilde Spekulationen über das schnelle Leben in L.A.. Boris lässt es geschehen und bestärkt sie noch. Keiner kennt wie er die verschütteten Träume, die die Freunde hegten, als sie noch gemeinsam aufs örtliche Gymnasium gingen. Und keiner liebt Sunny so wie er.

Boris ist nicht nur gekommen, um seinem alten Kumpel und seiner ehemaligen Flamme zur Hochzeit zur gratulieren, das ist klar. Der Regisseur Thorsten Wettcke lässt sich Zeit, die wahren Gründe offen zu legen, viel Zeit. Zeit, in der die deutsche Provinz in goldenes Sonnenlicht getaucht wird und die Träume ihrer Bewohner Gestalt annehmen. Träume, die so vorhersehbar sind, so vorbuchstabiert vom US-amerikanischen Kino, dass man, obwohl diese Banalität gewollt und nicht schlecht umgesetzt ist, nicht immer das Interesse an den Träumenden aufrecht erhalten kann. Am Rand des blau leuchtenden Schwimmbeckens, in hohen, minimalistisch eingerichteten Räumen und über Gläser voll Alkohol hinweg werden eine Menge folgenschwere Blicke gewechselt. Zwischen diesen stilsicheren Einstellungen beeindruckt aber eine ganz andere Szene: Boris, Sunny und Ulf schauen sich einen selbst gedrehten Spielfilm aus ihrer Jugendzeit an. Ein rührend ungelenkes Machwerk, das aber stärker von vergangener Kreativität und Zuversicht zeugt, als jede andere Geste zwischen den Vieren.

Trotz einiger Längen ist „Sunny“ ein clever konstruierter Film. Jede vermeintliche Übertreibung trägt zur Wirkung der Pointe bei. Als die Absichten der Protagonisten zu Tage treten, erhalten vor allem die Darsteller Florian Busche und Kathrin Kühnel noch einmal die Gelegenheit, zu zeigen, was sie können und entschädigen den Zuschauer damit für die kleinen Durststrecken.

Auf der Kommentarspur improvisieren der Regisseur und seine Hauptdarsteller gut gelaunt drauf los. Das ist um Längen sympathischer, als das im immer etwas überdrehten Tonfall vorgetragene Lob auf alle Beteiligten, das man bei vielen Großproduktionen zu hören bekommt, auch wenn Bemerkungen wie „Das da vorne im Bild ist meine Mutter!“ und „Der Besitzer dieses Cafés ist letzte Woche Vater geworden!“ nicht immer die Informationen sind, auf die ein wissbegieriger Filmfreund wartet. Aber letztendlich macht das auch viel vom Charme dieser Produktion aus, bei der der Regisseur seine Heimat als einen abgründigen Ort darstellt, in dem auch Sehnsüchte und Intrigen ihren Platz haben, und gleichzeitig mit den Vorstellungen vom coolen Leben spielt.

Im Making Of kommen leider wieder in erster Linie die Schauspieler und der Regisseur zu Wort. Da erkennbar großer Wert auf Ausstattung, Lichtstimmung und Musik gelegt wurde, hätten andere Mitarbeiter bestimmt auch viel zu erzählen. Genauso ist es mit den entfallenen Szenen. Auf der Tonspur macht Wettcke zwar einige aufschlussreiche Bemerkungen zum Rhythmus und zur Struktur der Erzählung, doch die Sichtweise von anderen Beteiligten wäre ebenfalls interessant.

Ines Schneider