Wolfgang Arend

Auf der Jagd nach Hexen und Zuschauern

Mediensoziologische Bausteine zu einer Theorie des Remakes am Beispiel von Hexenfilmen

Mainz: Bender Verlag 2002. 21,90 €

Neben den filmbuchspezifischen Verlagen Bertz und Schueren hat sich der Mainzer Bender Verlag längst einen Namen gemacht als mutiger Vertreter eines unsicheren Terrains. Und mit dem neuen Jahr, das zahlreiche lange angekündigte Titel endlich in den Regalen sehen wird, wurde gleich eine neue Reihe ins Leben gerufen: „Filmforschung“. Zwei Bände sind bisher erschienen, zwei weitere für die nächsten Monate angekündigt. Auch hier wagt sich der Verlag weit vor, indem er anspruchsvolle, wissenschaftliche Herangehensweisen an populäre Sujets fördert und publiziert. Am einheitlichen Reihenlayout könnte noch etwas gearbeitet werden (grauer Sträflingslook), der Ansatz ist jedoch uneingeschränkt lobenswert.
Das etwas eigenwillige Werk Auf der Jagd nach Hexen und Zuschauern ist die Dissertation eines Frankfurter Soziologen, und diesen mediensoziologischen Ansatz merkt man dem theoretischen Teil des Buches deutlich an. Da wird mit Tortendiagrammen argumentiert und die Eleganz der Formulierung bleibt längst auf der Strecke. Eines muss man jedoch eingestehen: Kaum hat bislang ein Autor so systematisch die Geschichte und Typologie des Remakes von der Stummfilmzeit bis in die Postmoderne aufgezeichnet. Ein Schlüssel zur Remake-Theorie wird im Genrekino gesucht, das ohnehin bekannte Versatzstücke variiert und somit auf einen bekannten Stoff leicht zurückgreifen kann. Gesichtet wird auch die bisherige Forschungslage, wobei auch auf remakeähnliche aber nicht gleichzusetzende Phänomene eingegangen wird (S. 58ff.). Nach intermedialen und intertextuellen Analyseansätzen weist das Buch schließlich jenen Bruch auf, den der Titel bereits vorwegnimmt: Jetzt geht es um „Okkultismus, Satanismus und Magie: Mythen des Bösen als intermediale Attraktionselemente zur Rezipientenbindung.“ Auch dieser Exkurs, der u.a. auf die „Ideengeschichte von Aber- und Hexenglauben“ eingeht, ist reich an interessanten Fakten, es bleibt jedoch das eigenartige Gefühl, dass die beiden Teile des Buch partout nicht zueinander passen. Der Autor braucht die erarbeiteten Fakten natürlich, um den beiden primäre analysierten Filmen gerecht zu werden: zwei Verfilmungen des Bühnenstückes Hexenjagd von Arthur Miller. Die Argumentation besagt, dass der erste Film, 1956 als Koproduktion zwischen Frankreich und der DDR entstanden, unterscheide sich vom neueren Beispiel, in den USA der neunziger Jahre gedreht, schon von daher eklatant, da unterschiedlichste ideologische Implikationen eine Rolle spielten. Das ist unumstritten, doch handelt es sich hier nicht einfach um zwei Verfilmungen des gleichen Stoffes, und weniger um ein Remake?! In jedem Fall wäre es einleuchtender und dienlicher gewesen, Godards AUSSER ATEM und Jim McBrides Remake ATEMLOS zu untersuchen, da dort die selben Mechanismen viel deutlicher zutage treten. So ist dieses Buch zwiespältig im wahrsten Sinne.

Marcus Stiglegger