Thomas Oláh

Ares und das Band der Charis.
Militärische Elemente in der Mode

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(Angewandte Kulturwissenschaften Wien, Band 11). Wien: Präsens Verlag, 2008.

Das Band der Charis (auch Aphrodite genannt) verleiht dem Träger das Ideal der Identität, das ihm in der Verführung wie auf dem Schlachtfeld zugute kommt. Attraktivität ist also nicht nur eine naturgegebene Veranlagung, sie ist ein Attribut, das die Mode dem Körper verleihen kann.

Thomas Oláh untersucht in seinem spannenden Pionierwerk "Ares und das Band der Charis" also dieses spezifische Potential der Mode, wobei er zunächst die elementaren Gestaltungsbereiche der Kleidungskunst untersucht, also Farbe, Stofftextur und Form. Dabei kann er nachweisen, dass ziviler und militärischer Mode die selben Prinzipien zugrundeliegen, ja zivile Mode oft von der militärischen abgeleitet wurde. Hier spielen historische und kulturgeografische Elemente eine bedeutende Rolle, und es gelingt dem Autor in kluger Auswahl, dafür Beispiele zu finden.

Oláh bezieht sich übrigens auf einen etwas weiter gefassten Modebegriff, der über die reine Kleidung hinausgeht und auch Körpermodfikationen wie Bemalung, Tätowierung und Piercing in die Diskussion mit einbezieht, denn diese modernen Körpertechniken, die archaisch anmuten, sind zu einem festen Bestandteil des Modedesigns geworden.

Der faszinierendsten Teil des Buches nimmt das letzte Drittel ein, das sich auf die militärischen Elemente der modernen Mode konzentriert und einige spezifische Aspekte der militärischen Uniform ausführlich herleitet, die heute einen großen Einfluss ausüben: Tarnfaben, Camouflage-Muster, der Marinekult, die Farbe Schwarz und das Leder als Material.

Interessant ist hier die Unterscheidung zwischen Tarnfarben, also der Angleichung der Kleidungsfarbe an den Einsatzort (grün für Wald, beige für Wüste), und dem Camouflage-Effekt, der durch unregelmäßige Strukturen die feste Körperlichkeit des Trägers für das menschliche Auge auflösen soll. Das erklärt auch die durchaus an künstlerisch-ästhetischen Prinzipien orientierte Gestaltung der frühen Camouflage (wie das deutsche Splittertarnmuster der Wehrmacht, das Eichentarnmuster der SS usw.), während die aktuellen feinstrukturierten Digi-Tarnmuster der US-Armee eher auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und als effektiver gelten. Bezeichnenderweise findet man gerade Abwandlungen der klassischen Camouflagemuster in der aktuellen Mode wieder, vom Woodland der Amerikaner bis zum Splittertarn der Wehrmacht, denn diese Strukturen werden heute in ihrer ästhetischen Qualität gewürdigt.

Interessant ist Oláhs Begründung der besonderen Bedeutung der Kleidungs-Farbe Schwarz, die bekanntlich meist nicht in Reinform, sondern als sehr dunkles Grün, Blau oder Grau zu finden ist. Schwarz signalisiert Erhabenheit und Elite und findet sich bereits früh in Sondereinheiten der Armee. Der Autor weist den Weg dieser Ästhetik vor allem in der Gestaltung von Herren-Abendgarderobe nach, die oft erstaunlich nah an den Ausgehuniformen der Eliteeinheiten bleibt. Die Designs der aktuellen H&M-Wintermode mögen ein Beipiel dafür liefern, denn der militärische Viertaschenrock hat sich wieder fest in der Mode etabliert.

Lederjacken gelten oft als dezidiert deutscher Einfluss auf die Mode, das vor allem die Luftwaffe mit kurzen und langen Lederjacken ausgestattet war, doch der Autor belegt, dass man auch im amerikanischen Westen des 19. Jahrhunderts bereits Lederkleidung finden konnte, nicht nur in der deutsche Trachtenwelt. Dennoch sind die deutschen Fliegerjacken nach dem Krieg zum Kultobjekt avanciert, denn aus ihnen entstand die klassische Motorradbekleidung.

All diese Tendenzen werden von Oláh in überzeugender Detailfreude belegt und erklärt, wobei nur ein Umstand zu kritiseren ist: dass das Buch nicht prachtvoll bebildert wurde - das hätte es verdient. Ungeachtet des wissenschaftlichen Anspruchs ist "Ares und das Band der Charis" sehr gut lesbar und ist vor allem für Modeinteressierte sowie sicherlich auch Kleidungsfetischisten von größtes Interesse. Ein wichtiges und lange überfälliges Buch.

Marcus Stiglegger