Peter Matzke / Tobias Seeliger (Hg.)

Das Gothic- und Dark Wave-Lexikon
Das Lexikon der Schwarzen Szene – von Ambient bis Industrial, Neofolk bis Future Pop, Goth-Rock bis Black Metal.

Ca. 600 Seiten, etwa 300 Abbildungen., Fadenheftung, Klappenbroschur, separater Farbteil. 29,90 EUR. ISBN 3-89602-522-8

Die Gothic- und Dark-Wave-Szene ist wohl die größte Subkultur der westlichen Welt. Angesicht ihrer extremen – wenn auch vielgestaltigen – ästhetischen Stilisierung hat sie sich nie derart angeboten für eine umfassende Mainstream-Adaption wie etwa Hiphop und Techno. Zugleich zeigt sie bis heute eine unbeugsamen Willen, immer neue Parallelwelten zu kreieren, um den längst nicht mehr nur schwarz gewandeten Szenegängern eine Flucht aus dem tristen Alltag zu gewähren. Auch handelt es sich nicht nur um eine Jugendkultur, denn zahlreiche Gothics bleiben bis weit über das dreißigste Lebensjahr dabei, variieren ihren Lebensstil mitunter, aber das grundsätzliche Interesse an der alternativen Lebensart bleibt.
Bereits vor einigen Jahren erschien das nun in zweiter Auflage vorliegende Gothic- und Dark-Wave-Lexikon, und was man bei der Erstauflage noch kritisieren konnte, ist hier weitgehend aktualisiert und behoben. Das fängt mit einem wesentlich ästhetischeren Cover an (die Erstauflage folgte noch dem gelben Reihendesign), geht über den nun umfassend farbigen Bildteil bis hin zu zahlreichen Einzelporträts, die ergänzt wurden. Mit seinem enormen Umfang (600 Seiten) und seiner Varianz an Perspektiven und Themen wird dieses Buch nun endlich jenem 'Medusenhaupt‘ gerecht, das die 'Schwarze Szene‘ heute darstellt: Mittelalterkult, sexueller Fetisch, Uniformen, ledergekleidete Gothic-Rocker, all diese divergierenden – und doch zusammengehörigen – Strömungen kommen hier zum Zug. Gothic-Rock, Neoklassik, Gothic-Metal, EBM, Industrial, Neofolk, Ritual-Musik – Musiker und Bands aus allen Bereichen werden meist sehr kenntnisreich beschrieben, aufgrund ihrer Stellung in der Szene kurz erläutert und mit einer Auswahldiskografie vorgestellt. Als weiterführende Hinweise finden sich v.a. die Webadressen, was gelegentlich problematisch wird, etwa, wenn diese bereits bei Redaktionsschluss nicht mehr stimmen (z.B. bei TESCO Org.).
Die lustvolle Auseinandersetzung mit dem Schattenseiten der menschlichen Existenz gehört von Beginn an zur Gothic-Szene: Heräsie, Misantropie, Satanismus, Heidentum, mythologisches und zyklisches Denken sind Elemente, die man ebenso bei den Sisters of Mercy, Joy Division und Christian Death findet wie auch bei Throbbing Gristle, Death in June und Coil. Es bleibt dem AutorInnenteam hoch anzurechnen, dass sie sich nicht in die einseitige Politisierung der Szene einreihen, sondern in den einzelnen Beiträgen immer neu abwägen, auf künstlerische Strategien offen hinweisen, diese aber nicht denunzieren oder vorschnell aburteilen. Das Buch kann also als zuverlässiges Handbuch zu einer der langlebigsten und vielseitigsten Subkulturen empfohlen werden.

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