Gene Gregorits

Midnight Mavericks
Reports from the Underground

BESTELLEN

(FAB Press 2007) http://www.fabpress.com/

Wer das inzwischen eingestellte britische Magazin Flesh + Blood noch kennt, wird festgestellt haben, dass die Interessen des Verlegers Harvey Fenton sich niemals nur auf bizarre Filme beschränkten. In der Buchvariante des Magazins tauchten Berichte über Undergorundmusik und Fotografie gleichermaßen auf. Es erscheint daher nur naheliegend, dass "Midnight Mavericks", eine umfangreiche Interview-Sammlung des Undergroundjournalisten Gene Gregorits, multimedial vorgeht und Musiker, Filmemacher, Comickünstler, Schriftsteller sowie Performance-Künstler gleichermaßen besichtigt.

Der Anfang dreißigjährige Gonzo-Journalist ergründet die Post-Punk-Ära der amerikanischen und europäischen Undergroundkunst analog zu seinen eigenen Wurzeln. Von daher ist das auf den ersten Blick etwas willkürlich anmutende Programm doch selbsterklärend, und im Laufe der Lektüre tun sich zahlreiche Querverweise auf, die eine internationale Vernetzung der besagten Künstler verdeutlichen. das ist meist spannend zu lesen und wirft einen tiefgreifenden Blick in die Mechanismen und Lebenswelten alternativer Lebenskünstler wie Lydia Lunch, Abel Ferrara, John Waters, Jörg Buttgereit, Mitch Davis, Nico B., Buddy Giovinazzo, Jim van Bebber, Richard Stanley uva., Leute also, die auch für :Ikonen: eine nachhaltige Bedeutung haben.

Was man über die Interviewmethode von Gregorits sagen muss, ist, dass er immer plaudernd-persönlich, aber manchmal auch erschreckend unvorbereitet vorgeht. So hat er vor dem Gespräch mit Ferrara einen von dessen wichtigsten Filmen (NEW ROSE HOTEL) nicht gesehen - und das, obwohl er sich als Asia-Argento-Fan outet (die Dame hätte hier auch gepasst). Ferrara bittet ihn daher inständig, das nachzuholen... Auch angesichts Lydia Lunchs, van Bebbers und Richard Stanleys wird manchmal deutlich, dass Gregorits eher der Gestus dieser Künstler gefällt, weniger deren Inhalte beschäftigen. Nun ist das Buch natürlich sehr umfangreich, und man kann nicht alle Interviews auf einem Level erwarten (viele stammen übrigens aus Gregorits Zeitschrift Sex + Guts). Und die persönliche Ebene garantiert dem Interviewer und Leser einige erstaunliche und neue Fakten. So bieten die hier enthaltenen Gespräche mit Buddy Giovinazzo oder Ron Athey, einem Modern Primitive-Körperkünstler, intime Porträts von Charkteren zwischen den Stühlen der Kultur. Lesenswert ist auch das seltene Interview mit Nico B., dem Chef von Cult Epics und Regisseur von PIG, der vieles über seinen Weg von Holland nach Los Angeles und die bewegte Geschichte dort offenbart.

Wie die meisten FAB-Press-Bücher funktioniert auch "Midnight Mavericks" wie eine Wundertüte, der man sich immer wieder mit Gewinn zuwendet. Fenton macht die Bücher, die man selbst schon immer machen wollte. Die enthaltene Bonus-CD enthält Interviewauszüge und rare Tracks von The Kills, Lydia Lunch, The Flesh Eaters, Sturgis Nikides, Steve Wynn, Jim Goad, Simon Stokes und vielen mehr. Die CD funktioniert mit dieser Mixtur erstaunlich gut, zumal die kurzen Interviewaussagen jeweils wie Introsamples wirken.

Kurz: "Midnight Mavericks" ist ungeachtet der kleinen Schwächen eine der Empfehlungen des Jahres.

Marcus Stiglegger